Mitarbeiterkontrolle durch Arbeitgeber: Amazon siegt im Rechtsstreit gegen Datenschutzbehörde
Verwaltungsgericht Hannover, Urteil vom 9. Februar 2023 - 10 A 6199/20 -
Kameraüberwachung des Arbeitsplatzes, GPS-Tracker im Firmenwagen - der Einsatz von Software, die eine permanente Überwachungsmöglichkeit für Arbeitgeber ermöglicht, beschäftigt regelmäßig Arbeitgeber, Betriebsräte und die (Arbeits-)gerichte. Im Mittelpunkt steht dabei § 26 Bundesdatenschutzgesetz, welcher regelt, dass personenbezogene Daten von Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigtenverhältnisses verarbeitet werden dürften, wenn dies für die Durchführung des Beschäftigtenverhältnisses oder die Beendigung erforderlich ist. Nun hat Amazon in erster Instanz einen Rechtsstreit um den Einsatz von Handscannern, welche zur Arbeitnehmerüberwachung eingesetzt werden können, vor dem Verwaltungsgericht Hannover für sich entscheiden können.
In seinem Logistikzentrum in Winsen/Luhe setzt Amazon in bestimmten Arbeitsbereichen Handscanner ein, mittels derer die Arbeitsschritte der Arbeitnehmer dauerhaft und minutengenau dokumentiert werden. Durch eine entsprechende Software ist es möglich, aktuelle und minutengenaue Quantitäts- und Qualitätsdaten der Mitarbeiter fortlaufend zu erheben und zur Erstellung von Quantitätsleistungs- und Qualitätsleistungsprofilen sowie für Feedbackgespräche und Prozessanalysen zu nutzen.
Die niedersächsische Datenschutzbehörde führte ein datenschutzrechtliches Kontrollverfahren durch und sah schließlich in der Überwachung der Mitarbeiter einen rechtswidrigen Eingriff in deren Recht auf informationelle Selbstbestimmung, was zur Untersagung des Einsatzes der Handscanner führte. Amazon argumentierte dagegen, dass die Datenerfassung in erster Linie der Steuerung logistischer Prozesse diene und darüber hinaus auch Bewertungsgrundlagen für Qualifizierungsmaßnahmen sowie für Feedback und Personalentscheidungen ermöglicht werden. Zudem waren die Mitarbeiter vor Beginn des Einsatzes über die Zwecke informiert worden und es finde keine Verhaltenskontrolle statt, denn die Kommunikation und physische Bewegungen der Mitarbeiter würden nicht erfasst.
Das Verwaltungsgericht machte sich im Rahmen des Verfahrens u.a. selbst ein Bild vor Ort und kam schließlich zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall die Unternehmensinteressen gegenüber dem Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer überwiegen. Für den Einsatz der Handscanner spreche, dass der Hauptzweck nicht die Arbeitnehmerüberwachung, sondern die Logistiksteuerung sei und die Datenerfassung für alle von Amazon genannten Zwecke erforderlich sei, nicht heimlich erfolge, die Überwachung sich nicht auf das Verhalten erstrecke und die Privatspäre gerade nicht betreffe. Das Gericht kam zudem zu der Überzeugung, dass die Mitarbeiter die Möglichkeit eines objektiven Feedbacks und fairer Personalentscheidungen zu schätzen wüssten.
Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist allerdings noch nicht rechtskräftig, da die beklagte Datenschutzbehörde die Möglichkeit hat, Berufung einzulegen. Arbeitgeber sollten zudem beachten, dass auch dieses Urteil einzelfallbezogen ist und im Rahmen der erfolgten Interessenabwägung zugunsten von Amazon zu berücksichtigen war, dass es im konkreten Fall insbesondere auf die Effizienz bei der Erbringung der Arbeitsleistung ankommt.
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