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Verzicht auf Mindesturlaub durch Vergleich während des Arbeitsverhältnisses unwirksam!

Verzicht auf gesetzlichen Mindesturlaub im Vergleich?

Bundesarbeitsgericht schiebt Riegel vor


Urteil des BAG vom 03.06.2025 (Az. 9 AZR 104/24)

Themen: Arbeitsrecht | Mindesturlaub | Vergleich | Krankheitsbedingter Urlaubsverlust

Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen bei der Formulierung von Vergleichen im arbeitsgerichtlichen Verfahren künftig besonders wachsam sein: Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat klargestellt, dass der gesetzliche Mindesturlaub während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses nicht durch Vergleich gestrichen oder abbedungen werden kann. Selbst wenn sich beide Seiten auf einen solchen Verzicht einigen – rechtlich bleibt er unwirksam.


Der Fall: Krankheit, Vergleich, Streit um Urlaubsausgleich


Ein langjähriger Betriebsleiter war im Jahr 2023 durchgehend arbeitsunfähig krank und konnte seinen gesetzlichen Erholungsurlaub nicht nehmen. Im März desselben Jahres einigten sich die Parteien vor Gericht auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. April gegen Zahlung einer Abfindung. In dem Vergleich hieß es, dass sämtliche Urlaubsansprüche „in natura gewährt“ worden seien – eine Formulierung, die faktisch auf einen Verzicht hinauslief.

Trotz Warnung seiner Rechtsvertretung stimmte der Arbeitnehmer dem Vergleich zu. Nach seinem Ausscheiden forderte er jedoch die Auszahlung der sieben nicht genommenen Urlaubstage in Höhe von rund 1.600 Euro. Die Arbeitgeberin verweigerte die Zahlung – mit Verweis auf die Vergleichsklausel.


Entscheidung des BAG: Gesetzlicher Urlaub bleibt unverzichtbar


Das Bundesarbeitsgericht bestätigte die Vorinstanzen: Ein Verzicht auf den gesetzlichen Mindesturlaub während eines laufenden Arbeitsverhältnisses ist nicht zulässig. Eine entsprechende Regelung im gerichtlichen Vergleich ist gemäß § 134 BGB nichtig, da sie gegen das gesetzliche Abweichungsverbot in § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG verstößt.

Der gesetzliche Mindesturlaub dient dem Gesundheitsschutz und steht unter dem Schutz europarechtlicher Vorgaben. Daher darf auch dann keine finanzielle Abgeltung erfolgen, wenn bereits feststeht, dass der Urlaub krankheitsbedingt nicht mehr genommen werden kann – es sei denn, das Arbeitsverhältnis ist beendet. Erst in diesem Fall erlaubt § 7 Abs. 4 BUrlG eine finanzielle Kompensation.


Kein Raum für vermeintliche Einigung oder Treu-und-Glauben-Einwand


Das Gericht stellte klar: Auch wenn sich die Parteien auf eine Klausel einigen, die wie ein Tatsachenvergleich wirken soll, ist dies unbeachtlich, wenn objektiv keine Unsicherheit über die tatsächlichen Voraussetzungen des Urlaubsanspruchs bestand.

Zudem wies das BAG den Versuch der Arbeitgeberin zurück, sich auf „Treu und Glauben“ (§ 242 BGB) zu berufen. Zwar könne ein widersprüchliches Verhalten des Arbeitnehmers problematisch sein – im konkreten Fall sei aber die Arbeitgeberin nicht schutzwürdig gewesen. Sie hätte nicht auf die Wirksamkeit einer offensichtlich gesetzeswidrigen Regelung vertrauen dürfen.

Ein Fazit für die Praxis


Für Arbeitgeber:

Vergleichsvereinbarungen, die einen Verzicht auf den gesetzlichen Mindesturlaub oder dessen Abgeltung im laufenden Arbeitsverhältnis beinhalten, sind nichtig. Die rechtssichere Gestaltung von Aufhebungsvergleichen sollte daher sorgfältig geprüft werden.


Für Arbeitnehmer:

Ein gerichtlicher Vergleich kann den Anspruch auf Mindesturlaub nicht aufheben, solange das Arbeitsverhältnis noch besteht. Auch nachträglich kann dieser Anspruch – in Form einer Urlaubsabgeltung – durchgesetzt werden, wenn eine tatsächliche Inanspruchnahme unmöglich war.

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